Friedrichshafen / sz - Alte Bekannte auf dem Kulturufer: Das N.N. Theater aus Köln ist in diesem Jahr mit dem Kinderstück "Heidi" zu sehen gewesen. Drei Personen haben neun Rollen gespielt.
Das N.N. Theater ist immer wieder für eine Überraschung gut. Diesmal überzeugten sie mit dem Kinderstück "Heidi" nach dem gleichnamigen Roman von Johanna Spyri, der kurz vor Weihnachten 1879 erschien und in 50 Sprachen übersetzt wurde.
Die Darsteller des N.N. Theaters spielen nicht einfach nur ein Stück, sondern agieren als Musiker und Schauspieler zugleich, schlüpfen in Rekordgeschwindigkeit in unterschiedliche Rollen, und wie bei all ihren Aufführungen sieht das N.N. Theater nicht einfach nur die Geschichte in dem Stück, sondern insbesondere den Humor, den es enthält. So ist es nicht verwunderlich, dass nicht nur Kinder im Großen Zelt zu sehen waren, sondern auch viele Erwachsene, die sich allein auf den Weg gemacht hatten, um die Abenteuer der kleinen Heidi in den Bergen und in Frankfurt, bei der gelähmten Klara mit zu erleben.
Es war ein Spiel rund um das flexible Bühnenbild, das zugleich die Hütte des Almöhi, das Zuhause von Geissen Peters Familie, das edle Wohnhaus der Clara in Frankfurt und ein Altersheim war. Leitern wurden zu Bergen und ein Rollstuhl zum Schlitten, ein riesiges Bettlaken zur Schneelandschaft und ein weißes Tuch mit Glöckchen zur Ziege.
Michl Thorbecke war als Almöhi, Geissen Peter, Diener Sebastian und Clara zu sehen. Wer ihn aus dem Brandner Caspar kennt, weiß, wie schnell er sich wandeln kann. Eben war er der grantlende Großvater mit furchterregenden großen Zähnen, langem Bart und Winterjacke, um im nächsten Moment als frisch fröhlicher Ziegenhirte in Schlabberhosen mitsamt Hosenträger und Filzhut um die Ecke zu springen.
Lieber in den Bergen kraxeln
Aischa-Lina Löbbert überzeugte als naive Heidi, die im leicht verständlichen Schweizer Dialekt das kleine Mädchen aus den Bergen gab. Der das Lesen lernen nicht so wichtig ist, lieber in den Bergen herumkraxelt und mit ihrer natürlichen Art Clara zum Laufen und Fräulein Rottenmeier (Antje von Wrochem) zur Verzweiflung bringt. Denn Letztere will als Gouvernante im Frankfurter Haus dem "unkultivierten Kind" aus den Bergen den nötigen Schliff beibringen.
Es ist amüsant zu sehen, wenn Michl Thorbecke als Clara kurzerhand das Flugzeug, das über das Große Zelt fliegt, in seinen Text einbaut und Aischa-Lina Löbbert darauf eingeht, als hätten sie das zuvor einstudiert. Das honorieren die Erwachsenen mit Gelächter, während die Kinder mit zittern, wenn Heidi von Tante Dete beim Almöhi abgeliefert oder in Frankfurt an Heimweh erkrankt. Sie haben Spaß an der Schlittenfahrt und freuen sich über die "Ziegen". Um kindliche Fantasie anzuregen, braucht es offensichtlich nicht mehr, als ein Tuch mit zwei Glöckchen. Wieder einmal hat das N.N. Theater auf ganzer Linie überzeugt.